03.08.2017 | 08:00 | welt retten | 2 kommentare
Nachdem ich hier mit Entsetzen feststellen musste, dass ‚unsere‘ Traditionsmarke für Essig-Essenz ihre Produktverpackung auf PET umgestellt hat, habe ich Surig eine Nachricht geschickt.
Und: Was Thorsten Thorstensson nie für möglich gehalten hätte ist passiert. Surig hat geantwortet. Hier erstmal die vollständige Korrespondenz, damit Ihr Euch selbst ein Bild machen könnt.
Meine Nachricht an Surig:
Betreff: Essig Essenz in PET
Nachrichtentext: Hallo!Ich hätte gerade beinahe Ihre Essig Essenz gekauft. Leider haben Sie die Verpackung geändert. Statt Glasflaschen gibt es jetzt PET-Flaschen. Ist das gesamte Sortiment auf Kunststoffeinwegverpackungen umgestellt oder kann ich irgendwo noch Glasverpackungen kaufen?
Falls es Ihre Produkte nur noch in Kunststoff gibt, werde ich in Zukunft die Essig Essenz von Kühne kaufen müssen. Denn die ist in Glas verpackt.
Es ist mir vollkommen unverständlich, wieso Sie die Verpackung geändert haben. Ich bin wirklich enttäuscht.
Über eine Antwort würde ich mich freuen.Mit freundlichen Grüßen,
ichbindiegute
Die Antwort von Surig:
Sehr geehrte ichbindiegute,
besten Dank für Ihr Mail vom 28. Juli 2017.
SURIG Essig-Essenz gab es jahrzehntelang in der Glasflasche, viel länger als vergleichbare Produkte anderer Hersteller. Mit der Umstellung von Glas auf PET haben wir lange gezögert und uns die Entscheidung nicht leicht gemacht.
Schließlich mussten wir jedoch den Anforderungen des Handels nachgegeben. Dieser wünscht sich bruchsichere und möglichst leichte Ware, d.h. die Ware muss für die Angestellten ungefährlich und einfach zu handhaben sein. Diese Vorteile bietet die neue SURIG-PET-Flasche.
Selbstverständlich haben wir uns auch darüber Gedanken gemacht, welche Auswirkung eine Umstellung von Glas auf Kunststoff auf die Umwelt hat. Da die PET-Flasche wesentlich leichter ist als die Glasflasche, ist sie im Warentransport deutlich umweltfreundlicher: Ab 200 km Lieferweg verringert sich der beim Transport erzeugte CO2-Ausstoß. Da wir bundesweit ausliefern, trifft diese Einsparung auf SURIG zu.
Das für unsere Flasche gewählte Material, PET, ist zudem voll recycelbar.
Ob in Glas oder Kunststoff – SURIG bleibt weiterhin unverändert das bewährte Universalgenie für Küche und Haushalt. Mit vielen umweltfreundlichen Anwendungsmöglichkeiten.
Wir freuen uns, wenn Sie unseren SURIG-Produkten auch in Zukunft die Treue halten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team von Speyer & Grund
So. Ich lasse Euch nun ein bisschen Zeit zur Meinungsbildung.
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Fertig?
Natürlich kann ich das nicht unkommentiert stehen lassen. Also werde ich gleich folgende Antwort zurücksenden:
Sehr geehrtes Team von Speyer & Grund!
Vielen Dank für ihre Antwort. Ich bin wirklich erfreut, dass Sie sich die Zeit nehmen, mir auf meine Fragen zu antworten. Ich finde es auch schön, dass Sie sich die Entscheidung, Ihre Verpackungen zu ändern, nicht leicht gemacht haben. Das zeugt doch von einem gewissen Einsehen. Leider sind Sie dann aber zu einem Entschluss gelangt, den ich nicht unterstützen werde.
Das Argument, dass der Handel aus Gründen des Arbeitsschutzes nach PET Flaschen verlangt, finde ich niedlich. Aber ja, ich habe heute morgen in unserem Discounter eine nicht-repräsentative Umfrage gestartet und alle der 4 befragten Mitarbeiter wussten von schlimmen Verletzungen mit Essig-Essenz-Verpackungen zu berichten. Also, natürlich nur bei den alten Verpackungen. Nicht bei den neuen. Auch Getränkehändler stellen sich schon quer. Bald wird die Biertrinkernation wohl nur noch aus PET-Flaschen nippen. Der Sicherheit zu Liebe. Aber ich schweife ab…
Nein, das war gelogen. Ich habe natürlich die Mitarbeiter nicht befragt. Aber geben Sie’s zu: Sie hätten es mir zugetraut!
Sie nehmen also die Sicherheit der Handelsmitarbeiter ernst. Das finde ich bewundernswert. Was ist aber mit der Sicherheit der Verbraucher? Ihre Essig-Essenz ist ein Lebensmittel. Und sie ist sauer. Es ist inzwischen hinlänglich bekannt, dass Inhaltsstoffe von Polyethylenterephthalat in Flüssigkeiten diffundieren. Und der Grad der Diffusion steigt, je saurer die Flüssigkeit ist. Wie steht es also mit der Sicherheit der Verbraucher, die Ihr Produkt mitsamt den enthaltenen Weichmachern, Schwermetallen, hormonähnlich wirksamen Substanzen und Nervengiften zu sich nehmen?
Sie haben sich Gedanken gemacht über die Umweltauswirkungen Ihrer Umstellung von Glas auf PET. Das ist lobenswert. Aber offenbar sind Sie mit Ihren Gedanken nicht sehr weit gekommen.
PET ist leichter als Glas und deshalb ist der Warentransport umweltfreundlicher (und billiger). Das ist unbestritten. Aber das mit den 200 Kilometern müssen Sie mir nochmal erklären. Sie schreiben ‚Ab 200 km Lieferweg verringert sich der beim Transport erzeugte CO2-Ausstoß.‘ Das ist ja sensationell! Wenn ich mir also eine ihrer PET Flaschen in den Kofferraum lege und niemals weniger als 200 km weit fahre, sinkt dann der CO2-Ausstoß mit jedem weiteren Kilometer? Habe ich DANN endlich tatsächlich einen Clean Diesel? Gilt das eigentlich auch für NOX? Haben Sie den Experten das gestern beim Diesel-Gipfel gesagt? Das ist ja die Lösung! Wir rüsten einfach alle Dieselfahrzeuge mit jeweils einer Essig-Essenz-Flasche nach. Eine kostengünstigere Hardwareumrüstung gibt es wohl nicht!
Oh. Jetzt bin ich schon wieder abgeschweift. Bitte geben Sie doch eine konkrete Quelle für die Aussage des Umweltbundesamtes an, die sie hier wohl zu zitieren versucht haben.
‚PET ist voll recycelbar.‘ Was heißt eigentlich recycelbar? Nur 40% der Inhalte des Sammelsystems ‚gelber Sack/grüner Punkt‘ werden tatsächlich einer Aufbereitung zugeführt. 60% werden thermisch verwertet, d.h. verbrannt. Haben Sie diese 60% auch in Ihre Untersuchung über den CO2-Ausstoß einbezogen?
Dazu hier ein Auszug aus einer Betrachtung des Bayrischen Rundfunks über Getränkeflaschen: ‚Es gibt zwar Verfahren, die chemisch ein vollständiges Recycling von Flasche zu Flasche in Aussicht stellen, allerdings sind diese Verfahren sehr teuer und benötigen zudem viel Energie. Bei den üblichen Recycling-Verfahren werden PET-Einwegfaschen gesammelt, gewaschen, geschreddert und anschließend eingeschmolzen.
Das Granulat ist zwar mittlerweile ein wertvoller Rohstoff, aber weil bei diesem mechanischen Wiederaufbereitungsverfahren die Kunststoffmoleküle beschädigt werden, muss zum Großteil fabrikneues PET zugesetzt werden.‘
Der Auzug bezieht sich jedoch auf Getränkeflaschen, die mittels Einwegpfand sortenrein gesammelt werden. Ihre Einwegverpackung für Essig-Essenz landet aber im besten Fall in der nicht-sortenreinen Sammlung, nämlich dem besagten gelben Sack. Möglicherweise landet sie auch direkt im Restmüll und scheidet damit ganz aus dem Recycling aus.
Häufiger wird das PET Granulat verwendet, um downgecycelt zu werden. Für die Textilproduktion wird das Granulat dann in die textilverarbeitenden Länder in Asien verschifft und dort beispielsweise zu Fleece verarbeitet. Das ist aber kein ‚Recycling‘. Denn es entstehen minderwertige Produkte im Vergleich zum ursprünglichen Produkt.
Wussten Sie übrigens, dass Glas recycelbar im ursprünglichen Wortsinn (also bottle-to-bottle ohne Qualitätsverlust) ist?
Auf Facebook kann man hier Ihre Antwort auf eine ähnliche Anfrage von einem anderen ehemaligen Surig-Kunden lesen. Dort geben Sie als Begründung für den Wechsel nicht die Arbeitssicherheit der Handelsmitarbeiter an, sondern den Wunsch der Verbraucher. Wieviele Verbraucher haben denn konkret eine Plastikflasche bei Ihnen angefragt? Falls Sie wirklich Interesse am Verbraucherwunsch haben, hätte ich hier zwei für Sie: 1. Ich wünsche mir eine Glasverpackung. Glas ist inert. Es gehen keine Stoffe auf den Inhalt über. Und es ist recycelbar. 2. Ich wünsche mir ein Mehrwegsystem. Bitte tun Sie sich mit anderen Lebensmittelherstellern zusammen und entwickeln ein Mehrwegsystem für flüssige und halbflüssige Lebensmittel.
Ich fand es toll, dass Sie Ihr Produkt viel länger als andere Hersteller mit vergleichbaren Produkten in Glas verkauft haben. Da sie dies aber nun nicht mehr tun, werde ich das bewährte Universalgenie für Küche und Haushalt mit vielen umweltfreundlichen Anwendungsmöglichkeiten nun bei der Konkurrenz kaufen. Ich hoffe, dass viele Verbraucher so entscheiden, und Sie dies dann an den Absatzzahlen ablesen können.
Ich halte Gewinnmargenoptimierung für den Hauptgrund Ihres Wechsels. Schade, dass Sie diesen nicht genannt haben.
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
ichbindiegute
Falls ich eine Antwort bekomme, halte ich Euch hier auf dem Laufenden. ;-)