19.03.2018 | 21:28 | welt retten | kommentieren
Letztes Jahr berichtete ich über meine Lektüre zum Thema Plastikfasten und Zero Waste.
Der Begriff ‚Zero Waste‘ begegnete mir zum ersten Mal in meiner Ausbildung. Dabei ging es um Lebensmittelproduktion und darum, erstens keinen Müll und zweitens keine Verschwendung zu verursachen. Ganz konkret zum Beispiel: Wenn das Gemüse beim Pizzabelegen nicht auf die Pizza fällt sondern daneben, sollte es nicht direkt auf dem Boden landen, sondern auf einem darunterliegenden Förderband, so dass es wieder zu dem ursprünglichen Gemüsevorrat zurückgeführt werden kann.
Heute verbinde ich Zero Waste nicht mehr zuerst mit TPM (Total Productive Maintenance), sondern mit dem Versuch privat (oder in welchem Rahmen auch immer) so wenig Müll zu produzieren, wie möglich und möglichst wenig Ressourcen zu verschwenden.
Bea Johnson lebt im übrigen so:
Jedenfalls hatte ich mir das Buch von Bea Johnson gekauft und gelesen. Mir war aber schnell klar, dass ich es nicht nochmal lesen würde. Das Buch von Olga Witt hat mir weitaus besser gefallen: Es ist strukturierter und beschreibt genau die hiesigen Gewohnheiten und unsere Infrastruktur.
Damit das Bea-Johnson-Buch nun noch eine Verwendung findet und nicht in meinem Bücherregal versauert, wollte ich es gern unserer Bücherei spenden. (Hätte ich es in unserem Bücherregal belassen, wäre es zu Verschwendung von Regalplatz gekommen und das enthaltene Wissen hätte niemandem sonst genützt, was ebenfalls Verschwendung ist.)
Die Mitarbeiterin an der Information meinte, sie würden normalerweise keine Buchspenden annehmen. Aber sie hat die Bibliothekarin dennoch gefragt. Und die sagte mir dann, ich solle es keinesfalls an die große Glocke hängen, da sonst alle mit ihren alten ‚Schätzen‘ ankämen. Aber das Thema sei so brandaktuell und das Interesse sei da und das Buch sei ja noch wie neu und sie danke mir recht herzlich aber psssssst…
Falls also jemand Interesse hat: Hier kann man es sich ausleihen. Gern geschehen.
15.03.2018 | 11:04 | auf meiner leinwand | welt retten | kommentieren
Am Montag* habe ich leider die Sendung ‚Hart aber fair‘ zum Thema Plastikmüll im Meer verpasst. Aber glücklicherweise gibt es sie ja in der Mediathek.
Ich sag mal so: Neu war da für mich nicht viel. Außer vielleicht, dass die Folie auf der Schinkenverpackung (80 Gramm Inhalt, 30 Gramm Plastikverpackung) aus 5 Schichten besteht und diese daher mit den derzeitig eingesetzten Verfahren nicht recycelbar ist. Dennoch freue ich mich sehr darüber, dass das Thema in den Medien aufgegriffen wird. Es muss noch viel mehr verbreitet werden. Nur, wer informiert ist, kann informierte Kaufentscheidungen treffen. Nur informierte Bürger können Druck auf Handel und Politik ausüben.
Eingeladen war Rüdiger Baunemann, der Hauptgeschäftsführer des Kunststofferzeuger-Verbands ‚Plastics Europe Deutschland‘ (dieser Verband dürfte aus dem Film Plastic Planet bekannt sein). Er hat im Grunde nichts gesagt, sondern sich symphatisch zurückhaltend gegeben. Er hat sogar zugegeben, dass der Plastikmüll ein großes Problem darstellt. Lösungsvorschläge hatte er nicht. Im Gegenteil wollte er gern die ganze Verantwortung an die Verbraucher abgeben, diese seien ja schließlich willens und in der Lage ihre Kaufentscheidungen anzupassen. Damit hat er sich schön einfach aus der Affäre gezogen.
Außerdem saß da noch Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn Rhein Sieg. Er behauptete ständig, die Verbraucher wollten die ganzen Plastikverpackungen. Die Verbraucher würden über ihre Nachfrage den Handel dazu zwingen, kleine Verpackungseinheiten mit Plastikverpackungen bereitzustellen.
Er hat natürlich recht, denn der Verbraucher IST derjenige, der das Geld in den Kreislauf einbringt und damit die Macht hat. Was er aber übersieht, ist, dass die Verbraucher die Tragweite Ihrer Entscheidung nicht korrekt einschätzen. Sie sind nicht ausreichend darüber informiert, welche Folgen es hat, alles Gemüse in Plastik verschweißt zu kaufen. Und dadurch, dass es in manchen Geschäften kaum unverpackte Alternativen gibt, wird den Verbrauchern das Gefühl vermittelt, es sei kein Problem.
Außerdem drängte Herr Roeb schon früh darauf, endlich Lösungen zu diskutieren. Selbst hatte er aber keine anzubieten. Er wollte vor der Lösungsfindung doch lieber noch einige Zeit das Verbraucherverhalten studieren. Was er aber aus seinen früheren Studien schon sagen konnte, ist, dass sich voraussichtlich nur etwa 20% der Verbraucher des Problems bewusst werden. Dass nur 20% der Verbraucher sich näher informieren und auf Grund ihrer Informationen dann ihre Kaufentscheidungen treffen. Für die übrigen 80% ist das Problem zu abstrakt, es betrifft sie nicht ausreichend.
Dirk Steffens, der Wissenschaftsjournalist, Naturfilmer und WWF-Botschafter betonte mehrfach, dass sich ja nun alle Seiten – Politik, Verbraucher, Umweltverbände und sogar die Wirtschaft – darüber einig seien, dass es hier ein großes Problem gebe. Und dass es nun endlich auch angepackt werden müsse. Daher müsse jeder Verbraucher auf Plastik so weit wie möglich verzichten aber die Politik sei natürlich auch gefragt, beispielsweise durch Steuern auf Einwegplastik. Er beharrte auf dem Verursacherprinzip, denn, ‚wer den Dreck produziert, muss ihn auch wegräumen‘.
Robert Habeck, Vorsitzender der Grünen und Umweltminister in Schleswig-Holstein will gern Mikroplastik in Kosmetik verbieten (das ist es nämlich in Deutschland immer noch nicht, in anderen Ländern aber durchaus – was er leider vergaß zu erwähnen) und das Plastik über Steuern verteuern. Ob die Steuern nun auf die Rohwaren (beispielsweise Plastikpellets) oder auf die fertigen Verpackungen erhoben werden, ist ihm dabei egal. Auch er machte deutlich, dass nun endlich Taten folgen sollen. Er sah dabei drei Handlungsansätze: Verbote, Verteuerung und Information. Verbote für unsinniges Plastik (wie Mikroplastik in Kosmetik), Verteuerung durch Steuern und Information der Verbraucher beispielsweise durch Bilder auf den Verpackungen. Die Idee mit den Bildern war mir auch neu und ich finde sie gar nicht schlecht: Auf jede Plastikverpackung soll ein Warnhinweis gedruckt werden – ähnlich wie bei den Zigarettenverpackungen – mit dem Hinweis, wieviel Prozent der Verpackung voraussichtlich im Meer landen wird, kombiniert mit einem entsprechenden Bild. Abschreckende – Bilder – gibt – es – genug.
Immerhin hat Habeck Baunemann die Stirn geboten und deutlich gemacht, dass es nicht ausreicht, wenn die Plastikindustrie den Verbraucher zum Hauptverantwortlichen macht.
Die einzige Frau in der Runde war Heike Vesper, Biologin und Leiterin des Fachbereichs Meeresschutz beim WWF. Sie machte sehr eindrücklich die jetzige Situation deutlich und warnte vor den Gefahren, die vom Meeresplastik ausgehen. Sie betonte, dass alle gefragt seien, nicht nur der Verbraucher, sondern auch Wirtschaft und Politik. Und auch dass die Verbraucher derzeit schwer dazu in der Lage seien, das eigene Konsumverhalten mit dem Problem in Verbindung zu bringen. Hier fehlt es eindeutig an ausreichender Information. Außerdem wies sie darauf hin, dass es keine klaren Zuständigkeiten für die Ozeane gibt. Alle Länder bereichern sich an den Verkehrswegen auf und den Rohstoffen in und unter den Meeren, aber niemand fühlt sich für die Gesunderhaltung der Meere zuständig. Es muss eine Zusammenarbeit zwischen allen Ländern in Bezug auf die Ozeane geben.
Ein einziges Fallballspiel einer Verbraucherin wurde aufgegriffen. Nämlich das von Heike Mommsen und ihrem achtjährigen Sohn Paul. Sie berichtete, dass sie auf Betreiben von Paul allein durch überlegte Kaufentscheidungen ihren Plastikmüll innerhalb kurzer Zeit halbieren konnte. An dieser Stelle ein High Five an Paul und Frau Mommsen!
Man war sich in der Diskussionsrunde einig, dass solche Eigeninitiative wohl nur einer Minderheit der Verbraucher zuzutrauen sei. Allenfalls 20 bis 30% meinte der leidenschaftliche Verbraucherforscher Roeb. Robert Habeck meinte dazu: ‚Wir brauchen nicht bessere Menschen, wir brauchen bessere Politik‘.
Ich hätte mir gewünscht, dass man Frau Mommsen bei einem Einkauf begleitet hätte. Dann hätten die Zuschauer konkret sehen können, wie ein plastikreduzierter Einkauf aussehen kann und wie einfach es im Grunde ist. So blieb das Fallbeispiel etwas abstrakt und wurde von den Anwesenden auch noch kleingeredet.
Insgesamt kam in der Sendung kaum eine echte Diskussion auf. Man war sich über das Problem einig und auch darüber, dass gehandelt werden müsse. Aber konkrete Ansätze wurden nicht ausgearbeitet. Auch Beispiele aus anderen Ländern fehlten ganz.
Wie man an Dieselskandal und Atomstromkonzernen sieht, stößt das Verursacherprinzip auf breite Widerstände in Industrie und Politik. Man kann sich also ungefähr ausrechnen, wie lange es wohl dauert, bis von dieser Seite Bewegung in die Sache kommen wird. Daher ist mein Fazit aus der ganzen etwas langatmigen und harmlosen Sendung: Selbst anfangen. Man kann keine Veränderung von anderen einfordern, wenn man nicht selbst damit anfängt. Vorbild sein. Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir für die Welt wünschst. Es ist machbar, es ist einfacher als man glaubt, es macht Spaß, es spart Zeit und Geld: Plastikfasten.
*Ich war auf einer Veranstaltung mit dem Titel ‚Mehr Mut, Ihr Frauen!‘, einer Femmage an Hedwig Dohm. Und das war ebenfalls äußerst spannend. Dazu muss ich vielleicht später nochmal was schreiben.