29.11.2014 | 20:10 | alle tage | 2 kommentare
Ich bin der Überzeugung, dass die Komplikationen, die während und nach Baby As Geburt auftraten hausgemacht waren. Ich kann nicht denken Gott sei Dank waren wir im Krankenhaus, sondern ich denke Wären wir nicht ins Krankenhaus gefahren, wäre es vielleicht nie soweit gekommen. Ich kann es natürlich nicht wissen und schon gar nicht beweisen. Ich bin kein Experte. Vielleicht wäre es auch zu Hause zum Geburtsstillstand gekommen. Aber dort hätte ich einfach weiter abwarten können. Es war ja noch nichts passiert. Aber wir sind 30 Stunden nach Wehenbeginn ins Krankenhaus gefahren. Die Hebamme hatte gesagt, es sei so weit.
Ich wollte keine Schmerzmittel. Ich habe welche bekommen ohne darüber informiert zu werden. Das habe ich im Nachhinein nur aus dem Geburtsverlaufsbericht erfahren.
Ich wollte nicht, dass die Fruchtblase gesprengt wird. Aber die Hebamme hat gesagt, dass sei besser fürs Kind. Dann würde es schneller gehen. Also habe ich schließlich gegen meine Überzeugung zugestimmt.
Ich wollte auf keinen Fall eine PDA. Ich habe eine PDA bekommen. Gegen meine Überzeugung. Die Hebamme hat einfach so lang auf mich eingeredet, bis ich schließlich zugestimmt habe. Die erste PDA wirkte nicht. Es wurde nachgespritzt. Was mir nicht gesagt wurde, zu dem ich auch nicht zugestimmt hätte, hätte man mich gefragt. Ich habe auch das wieder erst aus dem Geburtsverlaufsbericht erfahren. Gesagt hat es mir auch später niemand.
Dann wurde der Zugang gezogen, weil auch die zweite Ladung nicht wirkte. Dann wurde eine zweite PDA gelegt. Die nicht richtig wirkte. Ich konnte in Folge dessen nicht mehr aufstehen, sondern war gezwungen zu liegen. Trotz vollständiger Muttermundsöffnung ging nichts voran..
Ich wollte keinen Kaiserschnitt und habe mich mehrere Stunden lang dagegen gewehrt. Nach 4 Stunden vollständiger Muttermundsöffnung wurde die Entscheidung schließlich getroffen. Spinalanästhesie. Kaiserschnitt.
Richtig schlimm wurde es dann nach der Geburt, als die Hebamme weg war und ich auf der Station lag. Allein. Dann mit der überforderten Assistenzärztin, die nicht redete. Ocytoxin, Nalador, Nachwehen. Schmerzen. Blut. Schreien. Keine Schmerzmittel. 4 Stunden lang. Und kein Arzt weit und breit: Freitagnacht vor dem langen Pfingstwochenende.
Jedenfalls habe ich vor längerer Zeit diese Parabel gefunden, die 2002 von der (inzwischen verstorbenen) britischen Hebamme Tricia Anderson veröffentlicht wurde. Ich bin kein Katzenfreund. Aber die Geschichte fand ich trotzdem sehr erhellend.
Wir wissen, dass Katzen zum Gebären ungestört sein müssen, an einem dunklen, einsamen Ort, vielleicht vorbereitet mit einer weich ausgeschlagenen Schachtel. Und alle, die Katzen kennen, wissen auch, dass man eine Katze beim Gebären nie stören darf, sonst hören die Wehen auf oder sie nimmt ihre Jungen nicht an.
Und jetzt stellen Sie sich vor, dass vor langer Zeit eine Gruppe von gut meinenden Wissenschaftlern sich vorgenommen hat, das Gebärverhalten von Katzen zu untersuchen. Sie haben angefangen, Katzen beim Gebären zu beobachten im hell erleuchteten, lauten, modernen Labor. Sie schlossen sie an viele Monitore und Sonden an, umgaben sie mit fremden Technikern, gingen ständig raus und rein, um alles zu dokumentieren. Die Studien an den gebärenden Katzen in den hell erleuchteten Kabinen gingen über viele Jahre. Es zeigte sich, dass die Geburtsarbeit unkoordiniert wurde, länger dauerte oder mittendrin aufhörte. Die Katzen waren zunehmend gestresst, ihr Stöhnen und ihre Schreie waren schrecklich. Die Jungen hatten Sauerstoffnot, kamen schwach zur Welt und brauchten Reanimation. Da kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss: Es scheint, dass Katzen nicht gut gebären können.
Sie erfanden viele Maschinen, um das Gebären zu verbessern und den Sauerstoffgehalt im Blut der Jungen zu überwachen. Sie erfanden Schmerzmittel und Tranquilizer, Wehenmittel und Wehenhemmer und entwickelten Notfalloperationen. In wissenschaftlichen Papieren berichteten die Wissenschaftler über die Schwierigkeiten der Katzen beim Gebären und gleichzeitig über ihre eigene hoch entwickelte, effiziente Geburtstechnologie. Die Medien verbreiteten diese Erkenntnisse und bald brachten alle ihre Katzen zum Gebären ins Labor. Das musste für Katzen der sicherste Platz zum Gebären sein.
Jahre gingen ins Land, die Arbeit in den Labors nahm zu, immer neues Personal wurde eingestellt, langsam wurden die ersten alt und gingen in Ruhestand. Leider wusste die zweite Generation nichts mehr vom ursprünglichen Experiment. Sie wussten nicht einmal, dass das Ganze ein Versuch war. Sie hatten noch nie erlebt, wie Katzen an einem einsamen Platz in einer weich ausgeschlagenen Schachtel ihre Jungen gebären – wieso auch, was für eine gefährliche Idee! Sie waren absolut überzeugt, dass Katzen ohne die Hilfe von viel Technologie nicht gebären könnten. Sie dachten an die vielen wissenschaftlichen Ergebnisse, die sie in den letzten Jahren gesammelt hatten, und waren sehr zufrieden mit sich selbst, ihrer klugen und guten Arbeit und den vielen Katzen und Jungen, die sie gerettet hatten (Anderson 2002).
Die Hormone, die bei einem ungestörten Geburtsverlauf ausgeschüttet werden, sorgen dafür, dass die Frau sich in sich zurückziehen kann. Sie kann die Wehen aushalten. Sie kann mitarbeiten. Sie kann sich voll auf sich konzentrieren.
Das sensible Zusammenspiel der Hormone lässt sich sehr leicht stören. Wenn die Frau gestresst wird, zum Beispiel durch eine Autofahrt unter Wehen. Durch Fragen wie ‚Wo steht nochmal die Kliniktasche?‘ ‚Hast Du an alles gedacht?‘ ‚Und wo soll ich parken?‘. Durch fremde Personen. Durch helles Licht. Es wird Cortisol ausgeschüttet. Die Oxytocinausschüttung wird gehemmt. Die Schmerzen werden unerträglich. Die Wehen stoppen. Alternativ werden sie zu einem Wehensturm. Keine Pausen. Immer so weiter.
Wie kann man noch effektiv den Geburtsverlauf boykottieren? Indem man dafür sorgt, dass die Frau rational reagieren muss. Mit Fragen wie ‚Und bei welcher Krankenkasse sind Sie versichert?‘ ‚Seit wann hatten Sie Wehen?‘ ‚Wann ist der errechnete Entbindungstermin?‘ Indem man der Frau Vorwürfe macht, dass man die PDA nicht legen könne, wenn sie weiterhin ohne Pausen Wehen habe. Als wenn man darauf Einfluss hätte. Oder indem man der Frau das Gefühl gibt, sie müsse wachsam bleiben, dürfe die Kontrolle nicht verlieren. Die Uhr wird im Blick behalten, man will schließlich nicht den Überblick verlieren. Ab wann gilt ein Geburtsverlauf nochmal als protrahiert? Dann bleibt der Neokortex aktiv und die Oxytocinausschüttung wird gehemmt. Die Schmerzen werden unerträglich. Wehensturm.
Schmerzmittel. Blasensprengung. Schmerzmittel. Wehensturm. Schmerzmittel. Schmerzmittel. Geburtsstillstand. Kaiserschnitt. Uterusatonie. Stillprobleme. Postpartale Depression. Posttraumatische Belastungsstörung.
Kausalkette?
Zum ersten Abschnitt: das denke ich bei vielen Geburtsberichten, wenn zu Hause erst mal alles gut und normal lief und es dann ab Ankunft im Krankenhaus drunter und drüber geht und eine Intervention die nächste jagt.
Zum zweiten Abschnitt: ja. Irgendwie scheinen wir das vergessen zu haben (kollektives wir).
Zum dritten Abschnitt: darüber habe ich neulich was gelesen, Ruhe, zurückgezogener Ort, nur vertraute Personen – wie man es auch beim Schlafen macht (eigentlich ganz einfach und völlig logisch, oder?). Ich habe – obwohl zu Hause – auch erst richtig loslassen können, als ich allein war, nur ein kleines Licht brannte und der Mann endlich ohne große Erklärungen das machte, was ich wollte („Wehe!“ – Mann schweigt und drückt aufs Kreuzbein).
Ach so, ja, vor lauter Offensichtlichkeit nicht mehr hingeschrieben: natürlich Kausalkette. Ist ja auch erwiesen.