15.04.2017 | 21:39 | alle tage | baby a | lieblingsmädchen | kommentieren
Nach einem Kurzurlaub im Rothaargebirge (Wer hätte das gedacht: NRW kann auch Berge!) war der Kühlschrank irgendwie leer. Entgegen unserer tiefsten Überzeugung (Niemals samstags einkaufen) mussten wir also einkaufen gehen und teilten uns strategisch günstig in zwei Einkaufseinheiten auf. Thorsten Thorstensson und Baby A gingen zum lokalen Edeka und ungeplanterweise noch zum Metzger, da der lokale Edeka merkwürdige Warteschlangenstrategien an der Fleischtheke fährt. Das Lieblingsmädchen und ich gingen zum Discounter (ja, wirklich).
Danach trafen wir uns alle und fuhren gemeinsam zum Biohof. Das war eine echte Erhohlung.
Vor dem Discounter gibt es einen Spargelstand. Spargel stand nicht auf unserer Liste. Aber es gab da heute die ersten heimischen Folientunnel-Erdbeeren. Ich sah das aus dem Augenwinkel und überlegte noch kurz, zuerst zum Spargel-/Erdbeerstand zu gehen, fuhr dann aber doch erstmal zum Discounter.
Dort erledigten wir trotz einer Menge Betrieb zügig unseren Einkauf und da alle Kassen geöffnet waren, brauchten wir nicht länger als sonst unter der Woche. Es gab da zwar ein Ehepaar (der Mann ‚fuhr‘ den Einkaufswagen), welches sich an der neu öffnenden Kasse vordrängelte. Aber ich war darauf gefasst, da der Mann mir vorher schon beinahe in die Hacken gefahren war und ganz offensichtlich mit seiner vorherigen Kassenschlangenwahl haderte. Dementsprechend entschied ich, mich nicht aufzuregen und einfach den Mund zu halten.
Als wir dann den Spargel-/Erdbeerstand ansteuerten sah ich schon von weitem die Erdbeerschlange und auch die Autoschlange vor dem Spargel-/Erdbeerstandparkplatz. Der Parkplatz ist zwar ausreichend groß bemessen, aber alle wollten anscheinend möglichst nah am Stand parken und behinderten sich so gegenseitig auf das Vorzüglichste beim Parken. Beim Einfahren. Beim Ausfahren. Und beim Rangieren. Eigentlich bei allem.
Ich wartete also darauf, dass ich auf den Parkplatz auffahren konnte und fuhr dann ein paar Meter weiter, wo noch ausreichend Park- und Rangierfläche frei war. Dann schnappte ich mir das Lieblingsmädchen und etwas Kleingeld und stellte mich an der Erdbeerschlange an.
Hinter uns reihte sich eine fein frisierte, weißhaarige Dame im Alter von etwa 70 Jahren in schnieken Klamotten und mit ausgezeichneter Körperhaltung ein. Vor uns standen eine Mutter mit Teenagertochter. Eigentlich stellte sich die frisierte Dame nicht hinter uns sondern eher so seitlich neben uns.
Plötzlich stand die frisierte Dame nicht mehr neben, sondern vor uns. Ich überlegte, ob ich reagieren sollte. Ließ es aber sein. Auf die 2 Minuten kam es nun auch nicht mehr an und mir davon den Tag verderben zu lassen, wollte ich nicht zulassen. Also hielt ich den Mund und war ganz Zen.
Als die frisierte Dame dann plötzlich vor der Mutter mit Teenagertochter stand, flüsterte die Mutter ihrer Tochter ‚Das ist jetzt aber ganz schön unverschämt, oder?!‘ zu. Ich sagte in erhöhter Lautstärke zur Mutter: ‚Ach, was. Das hat sie doch gerade bei uns auch schon gemacht!‘ Die Mutter drehte sich halb zu mir um und lächtelte mir erstaunt aber bestätigend nickend zu. Ohne etwas zu sagen.
Ich: ‚Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, darf man sich so was einfach erlauben.‘
Mutter: ‚…‘
Ich: ‚Da kann man dann einfach machen, was man will. Ich freue mich schon soooo sehr darauf, auch in dieses Alter zu kommen. Dann nämlich, mache ich das auch so.‘
Mutter, etwas perplex, schaut sich verunsichert zur frisierten Dame um, als erwarte sie eine Reaktion. Dreht sich dann wieder mir zu und nickt zustimmend.
Ich (immer noch in erhöhter Lautstärke, unterhalte damit auch die ganze Schlange hinter und vor uns): ‚Man hat ja ab einem gewissen Alter auch einfach keine Zeit mehr. Da muss man schon sehen, dass es voran geht.‘
Mutter: ‚Jaja, besonders, wenn man dann Rentner ist. Da hat man ja gar keine Zeit mehr.‘
Ich: ‚Naja, es geht ja auch um die Lebenszeit, die noch übrig ist. Die wird halt dann immer knapper…‘
Die frisierte Dame schaute derweil stur geradeaus. Die Körperhaltung immer noch aufrecht und gerade. Sie ließ sich nichts anmerken. Aber immerhin drängelte sie sich nicht noch weiter vor.
Keine Reaktion.
Ich: ‚Das Gute an diesem vorgerückten Alter ist ja auch, dass man dann nicht mehr so gut hört.‘
Mutter: ‚Ja, es gibt ja Dinge, die man hören möchte. Und Dinge, die man nicht hören möchte.‘
Ich: ‚Genau, da kann man sich dann einfach entscheiden. Ist doch praktisch.‘
Auf dem Rückweg vom Biohof machte ich schnell dieses Foto vom Wahlplakat der Christdemokraten. Wenn man für die eigene Politik keine positiven Argumente mehr finden kann, macht man halt solche Plakate…
Und nachmittags fing dann die AFD an, in unserem Ort Plakate aufzuhängen. Ich fragte einen Freund, was ich dagegen tun könne. Er schickte mir folgendes:
Tja, diese SPD Plakate wären natürlich genial, aber die müsste die SPD dann wohl schon selbst aufhängen. Aber diesen kleinen Aufkleber könnte man doch…
Na gut, die Plakate hängen ziemlich hoch. Ich bräuchte da wohl eine Leiter. Ist das dann eigentlich Sachbeschädigung?!
Die Erdbeeren haben wir dann irgendwann trotzdem noch bekommen. Die beduften jetzt schon den halben Tag unsere Wohnung und riechen wirklich genau so, wie Erdbeeren riechen sollten. Natürlich waren sie total überteuert und ich hätte noch besser die paar Wochen warten können.
Gleich macht mir Thorsten Thorstensson sicher eine Schüssel mit Joghurt und Erdbeeren. Das habe ich mir aber auch wirklich verdient.