20.02.2018 | 11:04 | lieblingsmädchen | welt retten | 2 kommentare
Früher müssen Strohhalme wohl noch aus Stroh gewesen sein. Inzwischen bestehen sie fast ausschließlich aus Polyethylen oder Polypropylen.
Ich hatte zum dritten Geburtstag von Baby A mal Papierstrohhalme gekauft. Zu besonderen Anlässen habe ich den Kindern ab und zu mal einen gegeben. Die Packung ruhte aber im Grunde unangetastet im Schrank.
Dann hat das Lieblingsmädchen über die Weihnachtsfeiertage bei den Verwandten eine Überdosis Schokolade und Zucker abbekommen und war seither verstopft. Es quälte sich sichtlich und beschloss dann einfach, auf weitere Ausscheidungen zu verzichten (es hat einen ausgesprochen starken eigenen Willen). Über Wochen lief es dann so ab: Das Kind unterdrückte den Drang und quälte sich den ganzen Tag, wobei alle um es herum in Mitleidenschaft gezogen wurden, denn die Laune sank in den tiefsten Keller.
Ich versuchte sämtliche Tricks, um ihm das Erleichtern zu erleichtern. Trockenobst, ballaststoffreiche Kost, Joghurt. Ich reichte Strohhalm um Strohhalm und tatsächlich vervierfachte sich die Trinkmenge des Lieblingsmädchens dadurch. Dennoch hielt es alles zurück.
Nachts entspannte sich der kleine Körper und dann kam das große K*****. Entschuldigt bitte, aber das war wirklich nicht schön. Jede Nacht dasselbe Theater: Unerträgliches Geschrei und Gebrüll. Schließlich WOLLTE es das ja gar nicht, was da gerade passierte.
Ich verabreichte M*icrolax, als ich sehr verzweifelt war. Das Kind hat danach dennoch noch mehrere Stunden eingehalten.
Es wurde und wurde nicht besser. Aber uns war klar, dass das Problem einfach in diesem kleinen Köpfchen saß. Es hatte beschlossen, seinen Körper zu beherrschen und tastete da gerade nicht nur seine eigenen, sondern unser aller Grenzen ab.
Selbst Baby A war inzwischen sehr niedergeschlagen: ‚Warum weint das Lieblingsmädchen immer?‘
Ich versuchte es mit gutem Zureden und hielt Vortrag um Vortrag über Ausscheidungsprozesse und darüber, dass alle ‚es‘ tun. Das Lieblingsmädchen hörte nicht zu.
Im Gegenteil. In einem besonders intensiven Monolog nahm es einmal lächelnd mein Gesicht zwischen seine beiden kleinen Hände, sah mir in die Augen und sagte: ‚Psssssst, Mama! Leise sein!‘
Ich gab mich geschlagen und wartete ab.
Darüber vergingen die Wochen und der Papierhalmvorrat ging zur Neige. Ich suchte nach Alternativen und fand Glasstrohhalme, die in Deutschland von Schott produziert werden: HÅLM. Die Gründer mit ihrer Geschichte sprachen mich sofort an.
Die Trinkhalme sind seither täglich im Einsatz. Die Enden sind schön abgerundet. Sie sind überaus stabil und waren plastikfrei verpackt.
Mit der beigelegten plastikfreien Bürste lassen sich die Halme schnell ausspülen. Man kann sie aber auch einfach in der Spülmaschine reinigen.
Vier Wochen dauerte das Drama um das tägliche Zurückhalten und das nächtliche Loslassen. Dann war es plötzlich vorbei. An einem Mittwoch zog sich das Lieblingsmädchen im Kindergarten ihre Windel aus und beschloss, dass es jetzt auf die Toilette gehen würde. Ich habe am ersten Tag nach seinem Beschluss eine nasse Hose mit nach Hause genommen. Am zweiten Tag zwei nasse Hosen. Seither gab es keinen Unfall mehr. Das Lieblingsmädchen ist jetzt tagsüber windelfrei und nachts gibt es keine Dramen mehr.
Vor einer Woche hat es zum ersten Mal (in ihrem Leben) durchgeschlafen.