14.07.2015 | 18:38 | lieblingsmädchen | 1 kommentar
Es gab da eine Ärztin, die mir das Leben gerettet hat.
Sie hatte gesagt, sie würde eine Spinalanästhesie trotz Gerinnungsstörung machen. Eine PDA auch, aber ich müsse mir über die Risiken im Klaren sein. Aber eine Spinale wäre kein so großes Problem. Als ich dann eine brauchte, für den Kaiserschnitt, war eine andere Anästhesistin da. Die sagte gleich beim Reinkommen: Bei mir bekommen Sie nur eine Vollnarkose. Spinalanästhesie mache ich nicht. Das Risiko gehe ich nicht ein.
Ich fragte nach der ersten Ärztin. Feierabend.
Ich fragte, ob man sie anrufen könne. Ja, das könne man. Aber ob sie käme wäre nicht klar.
Sie kam. Sie setzte die beste Spinalanästhesie. Und ich durfte miterleben, wie meine Tochter zur Welt kam.
Der Mann der Ärztin wirkt in der Schilderung meiner Schwester sehr ruhig und gefasst. Westfälisch, halt.
Ich habe vor Jahren mal ein Buch gelesen. Titos Brille. Ein Zitat ist mir noch immer im Kopf geblieben:
…
Meine Schwester war bei der Geburt dabei. Sie strickt. Immerzu. Beim Autofahren (also, als Beifahrerin). Beim Fernsehen. Beim Kaffeekränzchen. Die Hände stehen nie still. Immer mindestens zwei Nadeln darin. Daher hatte sie früh die Idee, der Ärztin Socken zu stricken. Ich fragte die Schwestern nach der Schuhgröße der Ärztin. Niemand wusste etwas. Ich wurde entlassen. Wir wussten die Schuhgröße immer noch nicht.
Meine Schwester hielt es nicht mehr aus, obwohl vereinbart war, dass ich mich um das Schuhgrößenproblem kümmere. Sie rief im Sekretariat an. Dort wusste man auch nichts, nur dass die Ärztin derzeit Urlaub habe. Sie solle in einer Woche nochmal anrufen. Sie rief an. Man sagte ihr, man würde zurückrufen. Aber es kam kein Rückruf.
Meine Schwester ist nicht gut im Abwarten. Sie suchte die Privatnummer der Ärztin heraus. Und rief an.
Es klingelte lang. Dann ging ein Mann ans Telefon. Meine Schwester erklärte – etwas langatmig: Sie habe da eine Frage. Es ginge darum. Ihre Schwester. In Coesfeld. Zur Geburt. Ihr Mann. Zusammenbruch. Sie als Ersatz. Keine PDA. Gerinnungsstörung. Schließlich doch Kaiserschnitt. Keine Spinalanästhesie. Seine Frau: Feierabend. Dann zurückgekommen…
Der Mann hörte zu. Und hörte. Und hörte.
Meine Schwester kam schließlich zum Punkt: Die Schuhgröße seiner Frau?
Schweigen in der Leitung.
Schließlich: ‚Meine Frau kauft sich ihre Schuhe selbst. Ich weiß ihre Schuhgröße nicht.‘
Meine Schwester hatte sowieso schon Socken in drei Größen gestrickt. (Meine Schwester ist nicht gut im Abwarten.) Wir hatten vereinbart, dass wir am folgenden Dienstag hinfahren würden. Sie fragte, ob seine Frau am Dienstag wieder im Krankenhaus sei.
Der Mann: ‚Meine Frau kommt am Dienstag nicht zur Arbeit. Wir sind auf Kreta.‘
…
Sie hat dann doch noch mit der Ärztin direkt gesprochen. 39. Nächste Woche fahren wir hin.