21.05.2013 | 02:26 | alle tage | baby a | kommentieren
Baby A wird am Freitag ein Jahr alt. Ich höre ständig (und lese auch) wie schön das erste Babyjahr ist. ‚Genießen Sie es!‘ Wie oft habe ich das gehört? Ich habe mich immer gefragt, wann sie denn kommt, die Zeit, zu genießen. Die ersten Monate waren eine Quälerei. Ich war körperlich so angeschlagen, dass es erstmal nur darum ging, zu funktionieren. Das Baby wollte gewickelt und gestillt werden. Der Rest war egal. Genießen?
Baby A war kein Schreibaby. Es hat aber durchaus viel geweint. Ich glaube, an manchen Tagen hat es die Schreibabykriterien locker erfüllt. Es mochte in den ersten Monaten keinen Schnuller. Es wollte nicht herumliegen. Wenn ich Fotos von nichtweinenden Babys gesehen habe, habe ich mich immer gefragt, wie die wohl entstanden sind. Baby A wollte nicht mal für ein Foto still herumliegen. Wenn man es wach weggelegt hat, hat es meist geweint. Also Rumtragen. Auf dem Arm halten und liegen oder sitzen war nicht angezeigt. Rumlaufen war besser, aber auch nicht immer ausreichend. Es hat tagsüber kaum geschlafen. Und nachts ist es in der Regel dreimal zum Stillen wach geworden.
Das Stillen war eine Tortur. Baby A hat einen so starken Unterdruck erzeugt, dass meine Brustwarzen sofort wund waren. Auch, wenn ich ganz sicher war, dass ich es nun wirklich richtig angelegt hatte, haben mich die Schmerzen schier wahnsinnig gemacht. Ich bin schnell auf das Stillen mit Stillhütchen umgestiegen. Das hat die Schmerzen etwas erträglicher gemacht. Baby A hat immer ewig zum Trinken gebraucht. 30 min. 45 min. 60 min. Und dann nach zwei Stunden dasselbe Spiel von vorn. Oft habe ich es auch in noch kürzeren Abständen angelegt, einfach weil es dann still war. Stillen kommt von still machen. Ich habe 3 Stillhütchen-Sets gekauft, weil ich das Abwaschen leid war. So musste ich nur noch zwei- oder dreimal am Tag die Hütchen waschen. Nicht mehr fünf-, sechs- oder zehnmal.
Man kann sich vorher nicht vorstellen, wie sich der Milcheinschuss anfühlt*. Jedes Geräusch wird ohne Umwege über das Hirn einfach direkt vom Ohr in die Brust weitergeleitet und regt den Milchfluss an. Und sehr sehr sehr viele Geräusche kommen einem Babywimmern nah. Meine Erfahrungen haben gezeigt, dass jedes Kindergeschrei taugt, Babywimmern nachzuahmen. Egal wie alt das Kind ist. Egal ob es live ist oder im Fernsehen/Radio übertragen wird. Katzenmiauen funktioniert auch. Hühnergackern ebenso (unsere Nachbarn haben Hühner, die man bei geöffnetem Fenster sehr gut hören kann. Und zwar ab etwa 04:30. Mit Säugling ist man zu den unmöglichsten Zeiten wach.) Quietschende Autoreifen beim Anfahren (kein Scherz). Und noch viele andere hochfrequente Sequenzen.
Ich hatte viel Milch. Ständig war ich leck. Ich musste immer BHs mit Stilleinlagen tragen, weil sonst 1. das Oberteil getränkt gewesen wäre und 2. die Flüssigkeit angetrocknet und die wunden Brustwarzen mit dem Stoff verklebt wären. Ich cremte ständig die wunden Brustwarzen. Viel geholfen hat es nicht.
Wenn ich Blasen auf den Brustwarzen hatte, konnte ich nicht mehr weiterstillen. Trotz Hütchen. So habe ich abgepumpt und die Milch von der blasigen Seite per Flasche verfüttert. Das war dann immer doppelte Arbeit: Fläschchen, Stillen, Abpumpen, Fläschchen waschen, Pumpe waschen.
Vor kurzem las ich einen Bericht auf eltern.de zum Thema Stillen. Dort berichtet eine Mutter über ihre Stillprobleme. Ungefähr so ging es mir auch.
Ich erinnere mich an einen Alptraum, der so lebhaft und real war, dass ich ihn bis heute noch nicht vergessen habe. Ich hatte Baby A abgestöpselt und das Hütchen auf dem Tisch abgelegt. Die im Hütchen verbliebenen Milchtropfen (Baby A hatte die Angewohnheit, den letzten Schluck immer im Mund stehen zu lassen, statt runterzuschlucken) bildeten eine kleine Pfütze. Die Schmerzen in der Brust ignorierte ich, ich war ja inzwischen daran gewöhnt. Baby A hatte ich über die Schulter gehängt (die Bäuerchenposition). Etwas irritierte mich. Die Pfütze auf dem Tisch wurde etwas größer. Und weiß war sie auch nicht, wie sie hätte sein sollen. In die Milch mischte sich etwas Blut. Ich nahm das Hütchen vom Tisch und betrachtete es genauer. Darin war noch ein Stück meiner Brustwarze. Ich war zutiefst erschrocken und blickte an mir herab. Da sah ich auch schon das Blut aus der offenen Wunde fließen. Ein unaufhörlicher warmroter Strom.
Hört sich an wie ein Horrorfilm? Genauso fühlte es sich auch an. Gefangen in meinem persönlichen kleinen Horrorfilm.
Nach dem Beikoststart (mit knapp 6 Monaten) ist Baby A plötzlich in den Stillstreik getreten. Da war es 7 Monate alt. Es ließ sich partout nicht mehr anlegen. Ich war irritiert. Hunger hatte es nämlich offensichtlich. Also gab es abgepumpte Milch, die ich noch eingefroren hatte. Die lästige Pumperei ging wieder los. Mehrere Tage lang hielt Baby A den Streik aufrecht. Es schlief sogar nachts durch, obwohl es normalerweise nachts noch ein-, zwei- oder dreimal trank. Dann plötzlich ließ es sich wieder anlegen. (Das Durchschlafen stoppte.) Ich war verwirrt. Aber auch erleichtert, musste ich doch so nicht mehr pumpen. Dann bekam ich meine Blutung und da war mir klar, was den Stillstreik ausgelöst hatte. Im nächsten Monat gab es dasselbe Spiel. Daher habe ich abgestillt, als Baby A 8 Monate alt war. Seitdem gibt es Fläschchen (inzwischen nur noch eins, falls es nachts aufwacht).
Spazierengehen konnte ich körperlich in der ersten Zeit nicht. Und als ich es mir dann zugetraut habe, musste ich feststellen, dass Baby A Spaziergänge verabscheute. Kinderwagen = Gebrüll. Ich habe mir dann mit der Zeit Strategien zurecht gelegt, um einen halbstündigen Spaziergang zu überstehen: Nur kurze Strecken gehen, um schnell wieder zurück zu kommen. Baby draußentauglich anziehen, falls man es aus dem Wagen nehmen muss (was meist der Fall war). Direkt nach dem Stillen losgehen, damit man wenigstens das Hungerschreien ausschließen kann. Viel geholfen hat es nicht. Wir waren nie viel draußen. Erst seit wir vor etwa einem Monat den Buggy gekauft haben, findet Baby A spazierengehen nicht mehr generell doof.
Seit dem Abstillen ist für mich endlich die Zeit zum Genießen gekommen. Keine Schmerzen mehr. (Bis auf die Narbenschmerzen, aber das ist ein anderes Thema.) Baby A ist ein liebes kleines Menschlein. Es ist neugierig und viel zufriedener, seit es selbst aufrecht sitzen und die Welt erkunden kann. Jetzt läuft es schon bald. Und eigentlich bin ich froh, dass wir dieses erste Jahr hinter uns haben.
* Es ist auch schwer zu beschreiben. Aber angenehm ist anders. Zu Beginn der Stillzeit ist es richtig schmerzhaft. Das war bei mir in den ersten zwei oder drei Monaten so. Und wenn man einen Milchstau oder eine Brustentzündung hat, ist es auch wieder sehr schmerzhaft.
| 01:37 | alle tage | so schwanger | kommentieren
Heute vor einem Jahr war der errechnete Entbindungstermin. Ich war froh, dass sich der kleine Springbock noch nicht auf den Weg machen wollte, denn ich hatte einen nicht enden wollenden grippalen Infekt. Der war von den Nasennebenhöhlen ins Mittelohr gewandert und schon seit Wochen bekam ich nicht genügend Luft. Beim Notdienst (immer diese Feiertage im Mai!) hat man mir dann Antibiotikum und Nasentropfen empfohlen. Die Nasentropfen hatte ich vorher gemieden, weil ich dachte, vielleicht sei’s nicht gut für’s Kind. ‚Wenn Sie keine Luft bekommen ist das AUCH nicht gut fürs Kind‘. Das war ein überzeugendes Argument. Also Tropfen. Nasenatmung: Unbezahlbar.
Ich schleppte mich von Tag zu Tag und bewunderte meine wassereinlagernden Wurstfinger. Und meine Füße taten weh. Wegen der Wassereinlagerungen. Und wegen der 15 kg Zusatzgewicht. Aber ich war trotzdem froh, dass es noch nicht los ging. Ich wollte erst ganz gesund sein. Ich dachte, ich schaffe die Geburtsarbeit nicht, wenn ich nicht gesund bin.